Die Kommunalpolitik in Reinickendorf stand in den letzten Monaten und steht weiterhin im Zeichen der Corona-Krise und der Umgang mit den Krisenfolgen wird dem Bezirk auch in der Post-Corona-Zeit über Jahre hinaus noch vieles abverlangen. In diesen Zeiten braucht es ein handlungsfähiges Bezirksamt! Das Bezirksamt hat den Bezirk bislang mit einem unaufgeregt-pragmatischen Krisenmanagement durch turbulente Zeiten geführt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirksamtes haben aufopferungsvolle Arbeit geleistet. Mitten in der Krise beunruhigen allerdings derzeit Pressemeldungen über heftige Querelen und Personalumbrüche innerhalb der CDU sowie die bislang bekannt gewordenen radikalen, personellen Veränderungen im Bezirksamt die Reinickendorfer Kommunalpolitik.
Nach heftigen, mit Manipulationsvorwürfen garnierten Auseinandersetzungen zwischen dem Parteiflügel um Bezirksbürgermeister Frank Balzer und der Jungen Union auf der einen und den Unterstützern des langjährigen Kreisvorsitzenden Frank Steffel auf der anderen Seite sollen nun im Ergebnis offenbar alle CDU-Bezirksamtsmitglieder nach den Wahlen ausgetauscht werden. Dies führt mitten in der Krise unweigerlich zu einer Schwächung der nur noch ein Jahr im Amt befindlichen Mehrheit der Mitglieder des Bezirksamtes.
Absehbar steht die CDU-BVV-Vorsteherin, die sich fraktionsübergreifen großes Ansehen erworben hat, zur Disposition. Der ebenfalls fraktionsübergreifend geschätzte CDU-Fraktionschef Tobias Siesmayer soll zukünftig nicht mal mehr der BVV angehören, von 21 derzeitigen Bezirksverordneten muss die Hälfte ausscheiden, der erfahrene Vorsitzende des Verwaltungsausschusses, Gordon Huhn, wird offenbar auf Platz 42 der Liste verbracht.
Erschwerend kommt hinzu, dass die CDU eine Nachfolgelösung an der Spitze des Bezirksamtes anstrebt, die angesichts der Tatsache, dass der Kandidat für das Amt des Bezirksbürgermeisters innerhalb der nächsten Legislaturperiode das Renteneintrittsalter erreichen würde, gewiss keinen Neuanfang, sondern bestenfalls eine Übergangslösung darstellt. Wir hoffen inständig, dass mit dieser Nominierung eine bislang lediglich noch nicht kommunizierte inhaltliche-strategische Überlegung verbunden ist und diese nicht nur der Logik Partei-interner Arithmetik oder einem individuellen Versorgungswunsch folgt, nach sieben Jahren als Stadtrat nun den vollen Pensionsanspruch zu erwerben.
Bedenklich stimmt darüber hinaus, dass für die anderen neu zu besetzenden Positionen bislang nur Männer und keine Frauen und darunter auch sehr jungen Männer ohne BVV-Erfahrung und ohne Verwaltungserfahrung gehandelt werden. Dass die Junge Union im CDU-internen Machtkampf das Zünglein an der Waage war, ist jedenfalls keine Qualifikation für das Amt eines Stadtrates und erst recht nicht in Krisenzeiten.
Selbstverständlich ist es das gute Recht jeder Partei intern die eigenen Personalentscheidungen zu treffen und unbestritten, sind Personalentscheidungen immer wieder in jeder Partei mit internen Auseinandersetzungen verbunden. Aufgrund der besonders starken Stellung der CDU im Bezirk Reinickendorf müssen aber auch die Auswirkungen auf den Bezirk berücksichtigt werden und besteht eine Verantwortung der CDU gegenüber dem Bezirk und dies erst recht in einer Krisenzeit, ein gewisses Maß an politischer Berechenbarkeit und auch personeller Kontinuität zu wahren. Zu befürchten ist, dass wichtige Absprachen in der BVV und gegenüber dem Bezirksamt in Zukunft schwierig werden, wenn bisher verlässliche Ansprechpartner der stärksten Partei im Bezirk allesamt politisch geschwächt oder aus dem Amt gedrängt werden. Mit weiteren Rücktritten in der CDU muss unter diesen Umständen weiter gerechnet werden.
An einem Bezirksamt der Amtsmüdigkeit und Lähmung haben SPD und Die Linke kein Interesse! „Wir sind der Auffassung, dass bis zum Ende der Legislaturperiode u.a. noch einige wichtige Projekte aus dem Doppelhaushalt 2020/2021 umgesetzt, Weichen für eine Verkehrswende gestellt und die Folgen der Corona-Krise insbesondere im sozialen Bereich mit voller Kraft angepackt werden müssen“, betonen die beiden Fraktionschefs Marco Käber und Felix Lederle.
Zudem müsse die CDU dem Wähler auf jeden Fall vor der Wahl sagen, wen sie in das Bezirksamt schicken wolle, wenn Katrin Schultze Berndt und Tobias Dollase nun gar nicht mehr auf der BVV-Kandidatenliste stehen und dafür zahlreiche „Unbekannte“ vorne platziert wurden.
„Mit wem können die Fraktionen in der BVV zukünftig mittel- oder gar längerfristige kommunalpolitische Absprachen u.a. im Zusammenhang mit der Krisenbewältigung mit der CDU treffen?“, fragen sich die Fraktionsvorsitzenden Marco Käber und Felix Lederle.
Felix Lederle (Linksfraktion Reinickendorf) Marco Käber (SPD-Fraktion Reinickendorf)