Den Valentinstag haben Mitglieder der SPD-Fraktion Reinickendorf und der Reinickendorfer Gesundheitsstadtrat Uwe Brockhausen zum Anlass genommen, die Notunterkunft für Flüchtlinge auf dem Gelände des Diakoniezentrums Heiligensee zu besuchen, sich über die Situation vor Ort zu informieren und Schokolade, Kaffee und dringend benötigte Prepaid-Karten für den Internet-PC an die Bewohner zu verteilen. In der zur Notunterkunft umfunktionierten Turnhalle wohnen derzeit 60 junge Männer aus verschiedenen Krisenländern wie Syrien, dem Irak, Kosovo und Albanien.
Die Mitglieder der Fraktion wurden vor Ort sehr freundlich aufgenommen und vom Sozialarbeiter Herrn Schebaum und der Leiterin der Abteilung Gemeinwesen des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerkes (EJF), Frau Löhr, begrüßt, die einen umfassenden Einblick in die Situation der Flüchtlingsunterbringung vor Ort gaben. Obwohl die Betreuung vor Ort gut organisiert ist und sich der Träger viel Mühe gibt, die Umstände erträglich zu gestalten, ist die Form der Unterbringung bedrückend und einem reichen Land wie Deutschland nicht angemessen: 60 Pritschen, die meisten völlig ohne Sichtschutz, stehen in der Turnhalle nebeneinander aufgereiht – Rückzugsorte oder Privatsphäre gibt es ebenso wenig wie weitere Möbel wie Sitzgruppen oder einen großen Esstisch. Die meisten der dort untergebrachten Menschen müssen in der Notunterkunft viele Monate verweilen, da das Land Berlin Probleme hat, ausreichend angemessene Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Trotz der großen Anzahl an Flüchtlingen mit vielen schrecklichen und traumatisierenden Erfahrungen, die auf so engem Raum ohne Rückzugsmöglichkeit ihren neuen Alltag teilen, funktioniert das Zusammenleben in der Turnhalle erstaunlich konfliktarm und sehr friedlich, wie die Mitarbeiter des EJF betonten.
Im Anschluss an die einführenden Worte durch die Mitarbeiter gab es für die Mitglieder der Fraktion die Gelegenheit, mit den Flüchtlingen ins Gespräch zu kommen. Einige sprechen sehr gut Englisch oder haben in der Zeit ihrer Anwesenheit auch schon ein wenig Deutsch gelernt. Baschir aus Syrien, der dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Damaskus tätig war, erzählte von seiner mehrwöchigen Flucht mit dem Schiff und dem Bus über Italien nach Deutschland. „ In Syrien gibt es für mich zurzeit keine Zukunft mehr. Unser Wohnhaus wurde völlig zerstört, Familienmitglieder getötet und es herrscht nur Krieg, Terror und Zerstörung. Ein normales Leben ist dort undenkbar“, berichtet er. Gemeinsam mit seiner Schwester ist er aus Syrien geflüchtet, sie ist in einem Flüchtlingsheim am anderen Ende Berlins untergebracht, deshalb sehen sie sich jetzt nur sehr selten. Obwohl er jetzt schon seit November in der Turnhalle lebt und die Unsicherheit über seine Zukunft ihn – wie auch die anderen Flüchtlinge – sehr belastet, ist er den Deutschen sehr dankbar für ihre Hilfe, wie er mehrfach betont. Er hofft nun eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen um sich ein neues Leben aufbauen zu können. Trotzdem wünscht er sich eines Tages in seine Heimat zurückkehren zu können: „ Ich bete jeden Tag dafür für die Menschen in Syrien und dafür dass dieser Krieg endlich aufhört“, sagt er sichtlich bewegt.
Gilbert Collé, Vorsitzender der SPD-Fraktion Reinickendorf, resümiert den Besuch: „Der Besuch der Flüchtlingseinrichtung und die Gespräche mit den Menschen haben uns tief beeindruckt. Bei all der guten Arbeit die hier vor Ort gleistet wird, konnte man aber auch deutlich sehen, dass Turnhallen keine geeigneten Gebäude zur dauerhaften Unterbringung von Menschen sind. Wir werden uns als Fraktion dafür einsetzen, dass ausreichend Einrichtungen geschaffen werden können, die eine vernünftige Unterbringung und Betreuung der Menschen ermöglichen.“